Ali Sami Yen, ca. 20.000 Zuschauer
Ali Sami Yen liegt im Stadteil Sisli und ist nur zu finden, wenn man weiß, wo man suchen muss bzw. in der U-Bahn gleich den richtigen Aufgang erwischt. Es ist einerseits direkt in ein dicht besiedeltes Gebiet reingebaut, nur bei jenem Zugang, wo ich meine Karte für 18 TL (ca. 9 Euro) gekauft habe, führt eine mehrspurige Autobahn auf einer Hochtrasse vorbei. Der Eintritt ist noch ein bissl abenteuerlicher als im Inönü-Stadion, weil man vor den Drehkreuzen noch durch einen dicht an der Wand geführten Sicherheitszaun muss. Dafür sind die Sicherheitsleute um einiges freundlicher und die Durchsuchung nicht ganz so genau, wenn auch ausführlich. Mein Platz ist auf der einzigen nichtüberdachten Tribüne, scheinbar so was wie der zweite Fanblock. Der „Erste“ ist direkt gegenüber auf einer steil aufragenden überdachten Halbkurve, wo sich auch die Gästefans austoben.
Aber wie schon bei Besiktas stehen auch hier die Fans eigentlich während des gesamten Matches, sowohl auf beiden Fankurven, als auch auf der Geraden zu meiner Linken. Das heißt, sie stehen fast die ganzen 90 Minuten: Vor dem Spiel ist schon unglaublich viel Stimmung, wobei zu meiner Verwunderung die Heimmannschaft ausgebuht und die Gästemannschaft mit frenetischem Applaus begrüßt wird. Das geht sogar soweit, dass die Gäste (immerhin die „kurdische“ Mannschaft in der Türkei) von beiden Fantribünen herbeigesungen wird. Das Angebot nehmen die aufwärmenden Spieler auch gern an und holen sich ihre Ovationen in beiden Kurven ab.
Diese doch seltsame Aktion wird spätestens mit Anpfiff um 19:00 Uhr ein bissl durchsichtiger: Wurde vorher ein Song nach dem anderen abgeliefert, setzen sich plötzlich alle Fans im Stadion nieder und verharren in absoluter Stille (ein bissl Gänsehautfeeling). Zudem sind alle Spruchbänder verkehrt aufgehängt. Das ändert sich erst wieder 19:05 (das Gründungsdatum!), als das ganze Stadion aufspringt und voll Stimmung macht. Offensichtlich ist ein Fanprotest in Gange, dessen wahren Hintergrund ich allerdings nicht wirklich herausfinden konnte (Laut einigen Internetquellen geht es scheinbar um die zuletzt miesen Leistungen).
Ein Spieler bekommt den Protest besonders ab und zwar der Brasilianer Jo mit der Nummer 32, der sowohl beim Aufwärmen in der Pause, als auch bei seiner Einwechslung ca. 15 Minuten vor Schluss bei jeder einzelnen Ballberührung ausgepfiffen wird – muss echt ziemlich oarg für den Kicker sein. Am Spielfeld verhaspelt er alle Bälle, womit das Pfeifkonzert umso größer wird – irgendwie ein Teufelskreis. Stimmung ist echt prächtig, allerdings verläuft das Spiel auch voll nach Maß. Galatasaray führt zur Pause bereits 2:0, geht gleich nach Wiederanpfiff per Doppelschlag 4:0 in Führung und spielt den Sieg locker nach Hause. Schräg allerdings, dass selbst das 1:4 der Gäste (wenn auch nicht mehr so enthusiastisch wie beim Aufwärmen) von den Gala-Fans abgefeiert wird. Beeindruckend sind vor allem wieder die Wechselgesänge (hier vor allem zwischen „erster“ Fantribüne und Gegengerader), es gibt aber auch einige, bei denen das gesamte Stadion mitsingt.
Interessant dann auch der Weg aus dem Stadion: Anders als bei den anderen Spielen, bleibe ich im Ali Sami Yen bis ganz zum Schluss. Ist ein mächtiges Gedränge raus aus dem Stadion, vor allem dann auf dem schmalen Weg zur U-Bahn (der durch einen Bus und ein nicht mehr davon gekommenes Auto noch zusätzlich schmäler wird) ist die Stimmung irgendwie knapp vor der Massenpanik – Gedränge pur.
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